Neues Jahr, neue Haushaltspläne. Ob staatlich oder privat – das Thema Sparen beschäftigt zurzeit alle. Auch im Besuch des ITZ Formates „Zwischen den Zeilen. Neue Dramatik auf Probe“ ging es um das Sparen.
Das Format „Zwischen den Zeilen“ gibt es seit November neu im ITZ, dem Zimmertheater in Tübingen. Es ist angelehnt an das alte Format „sITZung“, bei dem es einmal im Monat einen Vortrag zu einem bestimmten Thema gab, das in einem der Theaterstücke des ITZ behandelt wurde. Bei dem neuen Format geht es allerdings nicht um bestehende Stücke, sondern Werke, die sich noch im Schreibprozess befinden.
Die Idee des Konzepts ist, Theatertexte auf die Bühne zu holen, bevor sie fertig sind. Ein bisschen wie ein Probenbesuch, aber es setzt weiter vorne im zeitlichen Ablauf an. Dadurch kann der Text seine Bühnenwirkung noch im Entstehungsprozess ausprobieren, denn die Bühne ist der Ort, an den das Stück nach Fertigstellung hin will.
Vorlesen, Vortragen und Mitdiskutieren
Zuerst werden in einem table-read (die Schauspieler*innen oder Beschäftigten des ITZ sitzen an einem Tisch und lesen den Theatertext vor) Teile eines neuen Stückes präsentiert. Danach gibt es eine Vortrag oder ein Gespräch zu einem dazu passendem Thema und schließlich geht es in eine offene Runde, in der alle Zuschauenden Anmerkungen machen, Wünsche äußern und Fragen stellen dürfen. Diese können sich auf das Stück oder auf den Vortrag beziehen.
Auszüge aus „Die Sparmaßnahme“
Am Mittwoch ging es dieses Mal um den Text „Die Sparmaßnahme“ von Peer Mia Ripberger, der schon zum zweiten Mal vorgestellt wurde. Das erste Mal wurde er im November 2024 präsentiert. Aufbauend auf dem Input des Publikums und der neuen Inspiration wurde er weitergeschrieben und nun erneut vorgestellt. Der Text handelt von drei Charakteren, die alle in ihrem Leben mit verschiedenen Sparmaßnahmen konfrontiert werden und damit umgehen müssen. Obwohl die Idee für das Stück und der Schreibanfang schon ein paar Monate zurückliegen, ist das Thema Sparen zurzeit auch für das ITZ selbst brandaktuell: die Einsparungen im neuen Haushaltsplan der Stadt Tübingen bedrohen das Zimmertheater in seiner Existenz. Durch die vorgesehenen Kürzungen von über 25% der Mittel könnte das Theater vor der Schließung stehen.
Die vorgestellten Auszüge des Stückes gaben einen Einblick in den Entstehungsprozess des Textes und im Vergleich mit dem, was im November vorgestellt wurde, auch eine tiefere Auseinandersetzung mit den Figuren und deren Motivation. Die Premiere des Theaterstückes ist noch in dieser Spielzeit des ITZ angekündigt, kann also zeitnah auch tatsächlich gespielt auf der Bühne gesehen werden.
Nach dem table-read folgte ein Vortrag von dem Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Kohler zum Thema „Staatliche Sparmaßnahmen: notwendig, willkürlich, schädlich – oder alles zugleich?“. Dieser sollte einen volkswirtschaftlichen Hintergrund zu dem Thema geben, das auch im Stück angesprochen wird: das Sparen.
Sparen volkswirtschaftlich erläutert
Angefangen wurde mit einer Einführung in das Sparen in privaten Haushalten. Hier gilt die Gleichung: Ausgaben-Einkommen=Neuverschuldung. Das heißt, wenn die Ausgaben größer sind als die Einnahmen einer Einzelperson, führt dies zu einer Verschuldung. Auf das Leben gesehen, sollten sich Lebenszeiteinkommen und Lebenszeitkonsum (+Vererbung) ausgleichen. Unvorhergesehenen Einkommensrückgängen kann man mit Sparmaßnahmen entgegenwirken, um diese Gleichung anzupassen.
Auf die private Sicht folgte dann die staatliche Perspektive. Auch hier sind Sparmaßnahmen meist die Antwort auf unvorhergesehene Schocks. Um die Gleichung der staatlichen Budgetbeschränkung sofort wieder anzupassen, werden meist die Staatseinnahmen (z.B. Steuern) erhöht und die Ausgaben verringert. Hierbei besteht ein politischer Entscheidungsspielraum welche Anpassungsmaßnahmen man wahrnimmt und welchen Kurs man einschlägt – auch bei einer Neuverschuldung des Staates. Damit diese nicht ins Unendliche geht, gibt es in Deutschland eine verfassungsrechtliche Schuldenbremse, die eine strukturelle Neuverschuldung von höchstens 0,35% des Bruttoinlandprodukts vorschreibt.
Die Fragen, die offen blieben
Zum Abschluss des Abends gab es eine Diskussionsrunde mit dem Publikum. Es wurden Verständnisfragen zum Vortrag gestellt, Themenfelder mit dem Stückauszug in Kontext gesetzt und Anmerkungen zu dem Text gemacht. Die Impulse der Veranstaltung waren anregend und dementsprechend war auch das Publikum redefreudig und musste zum Schluss ausgebremst werden, damit der Abend zu einem Ende fand. Aber über das Sparen und den aktuellen Haushalt dürfte in Tübingen auch noch eine Zeit lang weiter diskutiert werden.
Beitragsbild: Miriam Mauthe
Der Beitrag „Die Sparmaßnahme“ und staatliche Sparmaßnahmen – Ein Besuch im ITZ erschien zuerst auf Das Tübinger Campusmagazin.